30. Juni 2014

Stress mit der Nächstenliebe? Stressed out by loving my neighbour?

Gestern ging unser Bibeldialog für Haupt- und Ehrenamtlich ein Pflege- und Gesundheitsdienst zu Ende. Es war eine kleine aber dafür sehr intensive Tagung mit „Grünen Damen und Herren“, ÄrztInnen und Krankenschwestern, Krankenhausseelsorgern und anderen, die sich schon persönlich mit unserem Thema „Deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ beschäftigt haben. Auch wenn nicht jedeR, der oder die in „helfenden Beruf“ wählt, gleich unter einem Helfersyndrom leidet, so kommt es doch immer wieder vor, dass uns der Anspruch an die eigene Arbeit – durch Vorgesetzte, KollegInnen aber auch durch uns selbst, einfach überfordert. Nicht wenige TeilnehmerInnen berichteten von Phasen, in denen sie ausgebrannt waren und selbst Hilfe brauchten. Die eingeladenen ReferentenInnen haben auf ganz unterschiedliche Weise Arbeitsansätze geboten, mit uns selbst in Kontakt zu treten. Wann etwas zu viel wird, wann wir NEIN sagen dürfen und müssen, können wir nur selbst entscheiden. Mit gewohnter Sensibilität und Kreativität (und auch einer guten Portion Humor) hat uns Theaterpädagoge Jochen Keth ermutigt, aus uns herauszutreten und in uns hineinzuspüren. Ermutigend waren auch die Erläuterungen von Coach und Therapeutin Dr. J de G., was Stress bedeutet, was er im Körper anrichtet und wozu er eigentlich auch gut sein kann. Ganz praktische Tipps, wie man zumindest dem alltäglichen Stress durch Ernährung und Bewegung etwas vorbeugen kann und wie man sich bei wohlwollenden KollegInnen oder auch bekannten Rat und Hilfe holen kann, damit Konflikte uns nicht nur im Kreis drehen lassen, ergänzten ihren Beitrag.
In der Bibelarbeit lernten wir letztlich auch, dass nicht einmal der barmherzige Samariter den verletzten Mann weiter trug, als es vermochte. 


Yesterday our conference on Christian charity and its possible limits ended. Participant from Latvia, Lithuania, Germany and Romania, nurses, physicians, and general volunteer care givers, discussed in an unusually open atmosphere how they often keep helping when they are already exhausted because someone so clearly needs them. "Loving your neighbour like yourself" was our topic but the second part of the commandment is hard to follow when expectations demand that we do ever more. The hospital system demands efficiency. our Christian ideals demand humanity. We are often caught in-between. Our guest speakers contributed in their different ways some strategies to get in touch with and listen to ourselves in order to know when to say NO and how prevent burn out. Finally, we learned: not even the Good Samaritan carried the injured man farther than he could.

25. Juni 2014

... Wie dich selbst... Like yourself

Nächstenliebe kann eine echte Herausforderung sein und manchmal auch eine Überforderung, wenn der oder die, die helfen wollen, an ihre Grenzen stoßen. In der Tagung, die heute auf Schwanenwerder beginnt, wollen wir darüber nachdenken, wie wir mit dem Stress umgehen, den wir nicht einfach reduzieren können, oder nicht reduzieren zu können meinen, weil man uns doch braucht. Können wir einfach Nein sagen, wenn ein Mensch uns braucht? Sind wir dann nicht wie der berühmte Pharisäer, der den, der unter die Räuber gefallen ist, verletzt liegen lässt. Wir möchten doch lieber der gute Samariter sein. Nur manchmal reichen unsere Kräfte einfach nicht.
Loving your neighbour can be quite a challenge and sometimes those who want to help reach their own limits. In this conference on the Schwanenwerder Peninsula, we will think about ways to diminish the stress caused by our wanting to take on more than our shoulders can carry. Can we just say NO to someone who needs us? We would rather be the good Samaritan than the Pharisee and care for the injured man. But what if our strength fails us?

22. Juni 2014

Begegnungen mit Kohelet und mit uns - Encounters with Kohelet and with ourselves

Heute ging unsere „Kohelet-Tagung“ zu Ende. Auch wenn fast alle sich für die gute Vorbereitung des Teams und viele Gedankenantöße und Informationen herzlich bedankt haben und so auch viel für sich mitnehmen konnten, blieb ein Wermutstropfen, denn leider war ein Teilnehmer vorzeitig abgereist, weil er sich nicht in der Gruppe integriert fühlte. Hätten wir uns mehr auf ihn einstellen müssen, oder war es nicht die richtige Tagung für ihn? Brauchen wir mehr Toleranz oder jener Teilnehmer? Vielleicht lag es auch am Prediger Kohelet? Es war kein leichter Text und Manches ging uns in den Gesprächen sehr nahe.
Die großartige Führung (wie schon öfters mit CrossRoads) über die alten Friedhöfe mit all ihren Prominenten und den Unbekannten aber nicht Namenlosen hat die Frage nach der Vergänglichkeit unseres Lebens auf seine Weise beantwortet, doch egal wie flüchtig all die Leben im Rückblick scheinen, war keines davon nichtig.
Einen schönen Abschlussabend bescherten uns Kathy Kreuzberg mit wundervoller Klaviermusik zur Lesung von Jochen Keth aus seinem Buch „Die Gemeinschaft der Traumhüter“ und seinen ebenso traumhütenden Gedichten.
Einiges wird mir noch eine Weile durch den Kopf gehen, auch was wir vielleicht anders machen können, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt.

Today our Bible Dialogue on the preacher Kohelet (Ecclesiastes) ended. Although it was a good conference with much valuable information and intensive discussions, there was a sad moment when we realized a participant left early because he could not feel part of the group. Were we not tolerant enough or was this maybe not the right conference for him? Maybe it was due to Kohelet? His is not an easy text and much of what was discussed touched us deep inside.
The guided walk (as usual with CrossRoads) over old cemeteries added one view of the transience of all life, we saw graves of unforgotten celebrities as well as the grave of homeless people, whose names are also marked in Gold on a tombstone. No matter how like a breeze life passes, no life is ever nothing before God. 
We did have a wonderful last evening with beautiful piano music by Kathy Kreuzberg and Jochen Keth's lyrical and magical tale and poems.
I will be thinking about all this for a while and also about what we might be able to do differently, so that no one feels excluded.

20. Juni 2014

Alles hat seine Zeit – Turn turn turn to Kohelet

Vorgestern schon hat unser Bibeldialog über Kohelet (Prediger) begonnen. Gleich am ersten Abend war klar, dass es spannende Diskussionen geben wird über ein Buch der Bibel, das zu selten genauer gelesen wird. Kohelets Sozialkritik und seine Anklage der gesellschaftlichen Umstände seiner Zeit haben uns bis heute viel zu sagen. Er hinterfragt den Konkurrenzkampf und die daraus all zu oft resultierende Einsamkeit des Menschen. Ist denn wirklich alles, was wir uns schaffen mit Arbeit und Mühe, flüchtig wie ein Windhauch? Und zählt nicht auch, dass ein Windhauch – egal wir flüchtig – uns den Moment, da er währt, kostbar ist? Flüchtig ist der Wind, aber auch nichtig? Ich bin gespannt auf weitere Diskussionen.
Two days ago our bible dialogue on Kohelet began (Ecclesiastes), best known, if at all, by his words on "a time and season for everything". From the first evening it was clear that we would have much to discuss. Kohelet’s social criticism has much to say to us today. He questions the race of competitiveness and the resulting loneliness of the individual. Is really all that we build with trouble and pain in vain? Does it all come and go like the wind? And is not a gentle breeze a joy, even though it may pass without a trace? I look forward to further discussions.

16. Juni 2014

TOLERANZ ist ein Kind der Liebe - Tolerance is a Child of Love

Bis auf eine ärgerliche Panne ist die Tagung zum Thema Toleranz gestern gut zu Ende gegangen. Die Panne passierte leider bei der Exkursion und hat meine Toleranz gegenüber der Fußball-Fan-Meile im Tiergarten sehr auf die Probe gestellt, denn Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas war bereits abgesperrt und wir konnten nicht dorthin gehen. Das hätte ich mir denken müssen, und habe einfach nicht daran gedacht, hatte es einfach nicht für möglich gehalten, dass Public Viewing vor Gedenken kommt, aber stattdessen sind einige mit mir zur großen Hamburger Straße gelaufen, der Straße, die im Volksmund den Namen Toleranzmeile trägt, weil dort Katholisches Krankenhaus, Evangelische Gemeinde und jüdische Schule und Friedhof nebeneinander stehen. Dass die gute Gemeinschaft nicht von Missstimmung überschattet war, lag mit Sicherheit an den doch sehr toleranten Tagungsteilnehmern aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Polen und natürlich der inhaltlichen Arbeit mit den eingeladenen ReferentInnen an den Tagen davor, die uns zum Nachdenken über unsere Toleranzansprüche, die Grenzen unserer Toleranz und Toleranzstrategien (auch aber nicht nur im Umgang mit anderen Religionen) angeregt haben. Ist Toleranz nicht immer auch ein wenig von oben herab? Oder manchmal einfach der Weg des geringsten Widerstandes? Ein Teilnehmerbeitrag bei unserer theaterpädagogischen Übung mit Jochen Keth und in der Bibelarbeit, die versehentlich nicht den einen Weg und die eine Wahrheit zum Thema hatte, sondern die Liebe und schließlich die Predigt im Abschlussgottesdienst, haben für mich die Einsicht gebracht: Wenn wir lieben, wächst daraus eine Toleranz, die sich nicht über den Anderen erhebt, und die keine Gleichgültigkeit kennt.

Yesterday the participants of our conference on Tolerance left for their various home towns in: the Netherlands, Germany and Poland. I have found answers to many of my questions: Isn't tolerance often a somewhat superior attitude? And sometimes the path of least resistance? We learned much about tolerance strategies, limits of tolerance as well as our own claims of tolerance (not only in view of other religions). In Bible study, in role playing exercises, and finally in worship in the last morning of the conference I found an answer: Love has to be the foundation of our tolerance, because love does not take a supposedly superior position and does not know indiffence.

12. Juni 2014

TOLERANZ - Zwischen Herausforderung und Überforderung

Gestern hat der Bibeldialog zum Thema TOLERANZ begonnen und trotz der Anreiseschwierigkeiten der RheinländerInnen sind am Ende des Tages alle angekommen. Eine bunt gemischte Gruppe mit Teilnehmenden aus Deutschland, den Niederlanden, Polen und der Schweiz. Am ersten Abend haben wir uns mit Vorurteilen beschäftigt, die zwar mitunter wichtig sind, damit wir nicht ununterbrochen Entscheidungen ohne Basis fällen müssen, aber man hat doch oft mehr davon, als für ein gelingendes Miteinander gut ist. Heute geht es um die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden. Toleranz kann ja nicht Gleichgültigkeit bedeuten, aber wo sind Grenzen der Toleranz und wo ist Toleranz einfach nicht genug, weil Respekt und Akzeptanz gefordert sind?

6. Juni 2014

Noch eine Reaktion auf unsere Begegnung in Prag

Ausnahmsweise ein neuer Eintrag nicht von mir, sondern von einem Teilnehmer des EBD 26 in Prag zum Thema "Was heißt EUROPÄISCH?":
"Der Text, der hier eingestellt wird, ist nun schon einige Wochen nach der Prager Tagung entstanden; eine Zeit, die einen gewissen Abstand erlaubt, in der aber auch Ereignisse im politischen Bereich stattgefunden haben, die ein besonderes Licht auf die Bedeutung der Tagung erlauben: ich meine das Erstarken nationalistischer Kräfte bei der Europawahl. Ich möchte deshalb nur diese Facette in meinem Kommentar herausstellen.
Die Tagung hat ganz sicher einen Beitrag zur Bewußtwerdung eigenen Identität aus christlichen, biblisch abgeleiteten Wertvorstellungen geleistet. Darüber hinaus ergaben sich wertvolle Begegnungen mit Christen aus osteuropäischen Ländern, dabei die Wahrnehmung von deren bedrückenden Problemen.
Auf dem Hintergrund der oben erwähnten politischen Ereignisse, kann sich als Ergebnis einer solchen Tagung nur feststellen lassen: Xenophobie darf unter Christen keinen Platz haben. Solidarität, die von der Basis aus praktiziert wird, Wertschätzung des Anderen sind christliche Potentiale, die einer Zukunftsangst, die von politischen Rattenfängern geschürt wird, eine positive Gegenkraft aus christlichem Menschenbild entgegenstellen. Daraus ergibt sich die unbedingte Not-wendigkeit solcher Tagungen.
Herzliche Pfingstgrüße
Helmut Wegner"
Ich schließe mich nicht nur den Pfingstgrüßen an! Es gibt immer noch und immer wieder viel dazuzulernen, wenn Europa wirklich und nicht nur wirtschaftlich zusammenwachsen soll. Ich denke, dass wir, die diese Tagung miterleben durften, der Europawahl viel mehr Aufmerksamkeit gegeben haben, weil uns bewusst wird, dass uns ganz Europa etwas angeht. Und zwar nicht nur die Länder der EU. Unsere Gedanken sind bei den neu gewonnenen FreundInnen in der Ukraine. 
Gesegnete Pfingsttage wünsche ich auch.
Tamara