*** If you wish to read this post in English, please let me know: hahn@eaberlin.de
Heuteabend ab 18 Uhr dolmetsche ich beim Gottesdienst anlässlich des CSD: „Christopher Street Day“. Seinen Ursprung hat der CSD in der Schwulen- und Lesbenbewegung in der Christopher Street in New York. In der Nacht zum 28. Juni 1969 wurden die Gäste einer Schwulenbar bei einer Razzia zu Opfern politischer und polizeilicher Willkür. Die Nacht entwickelte sich zu einem heftigen mehrtägigen Widerstand gegen Diskriminierung und Gewalt, der als Wendepunkt im Kampf für Gleichberechtigung in die Geschichte eingehen sollte und an den heute bei Christopher-Street-Day-Feiern und -Paraden weltweit erinnert wird.
Trotz aller Fortschritte, die hierzulande gemacht wurden, gibt es noch viele
Bereiche, in denen Menschen, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder
geschlechtlichen Identität benachteiligt werden. Diskriminierung und
Ausgrenzung kommen immer noch in unserer Gesellschaft vor. Solange auch nur
ein Mensch in Deutschland Angst haben muss, auf Grund seines
Aussehens, seines Auftretens oder seiner Lebensweise diskriminiert, beschimpft
oder körperlich angegriffen zu werden, geht das uns alle an. Als Christ:innen sehen wir doch in jedem Menschen den oder die, die nach dem Bilde Gottes geschaffen sind.
Vor ein paar Jahren – vor Corona, also gefühlt vor einer Ewigkeit – hat unsere Evangelische Kirche mit dem Projekt „Liebe tut der Seele gut“ ein deutliches Wort auch für alle jene Menschen gesprochen, die nicht in die gesellschaftlichen Normen passen.
Aber passe ich denn da rein? Immerhin bin ich verheiratet und zwar mit einem Mann – trotzdem bin ich nicht immer zu Hause in den Vorstellungen, wie eine Frau zu sein hätte. Als ich ein kleines Mädchen war -- noch vor der Einschulung und ich lieber mit Papas Eisenbahn spielen wollte als mit der neuen Babypuppe, die ihre Windel nass machen konnte, fragte meine Tante: "Ja, willst Du nicht mal Mutti werden?" Man berichtet mir, ich hätte stolz geantwortet, ich wolle ja Papi werden. Aber so ganz werde ich die Rollenbilder dann doch nicht los. Mache ich nicht doch manchmal still den Abwasch, obwohl ich gar nicht dran wäre? Bereite ich das Abendessen nur zu, weil ich früher zu Hause ankomme? Das Aufteilen der Hausarbeit, der Care-Arbeit, ohne dass das zufällige Geschlecht alleinige Basis der Pflichtenaufteilung ist, haben wir Heteropaare vielleicht sogar von den gleichgeschlechtlichen Paaren gelernt. Ein Grund mehr, darüber nachzudenken, was zu lange falsch lief, wie sich Diskriminierung auf das Leben von queeren Menschen ausgewirkt hat, aber auch zu feiern, was schon erreicht wurde, und wie sehr die Vielfalt der Lebensentwürfe uns alle bereichern kann.
Auch die Evangelische Kirche hat sich beim Diskriminieren nicht zurückgehalten und so ist es nur ok, wenn in der Marienkirche in Berlin-Mitte heute um 18 Uhr eine toller, multireligiöser Gottesdienst gefeiert wird, zusammen mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg, der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und dem Berliner CSD e.V., und mit Geistlichen und Vertreter:innen aus Judentum, Christentum und Islam. Gäste aus Politik und Kultur werden auch erwartet.
Ja und da auch Gäste aus anderen Ländern angemeldet sind, wird ins Englische übersetzt. Klar doch. Und auf YouTube wird es wieder einen Live-Stream geben, für alle, die nicht in Berlin dabei sein können!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hier können Sie meinen Eintrag kommentieren. You can leave your comments here.