22. November 2017

Neues in meiner Welt - Something New in My World

(Please scroll down for English text***) So viel Vielfalt ist selbst für die Europäischen Bibeldialoge ungewöhnlich: 31 Menschen zwischen knapp 19 und über 80, aus ganz unterschiedlichen Berufen (Erzieher, Pfarrerin, Polizist, Studentin…) aus Deutschland (ost und west), Lettland, Estland, Schweden, Syrien, Afghanistan, Bosnien und Herzegowina, die meisten Christen (evangelisch, katholisch und orthodox), aber auch einige Muslime und eine Jüdin... die ganz unterschiedlichen Biographien kann ich gar nicht aufzählen.  Englisch war unsere Brückensprache, aber wir merkten auch schnell, dass der Wunsch aller einander kennenzulernen uns zu einer universalen Sprachen verholfen hat: eine Art liebende Neugier. Also Friede Freude Eierkuchen? Das nun wieder nicht, aber in unseren Gesprächen über das Neue in unserer Welt und unseren Gesellschaften - das mitunter irritiert und manchmal ängstigt - fanden wir eine gemeinsame Basis aber eben auch Konfliktstoff – z.T. innerhalb derselben Religion.
Was habe ich gelernt? Unter Anderem: Nicht die Gebote befolgen, DAMIT Gott mich liebt, sondern WEIL Gott die Menschen liebt und wir Gott lieben wollen, mit ganzem Herzen und der ganzen Kraft unseres Glaubens, den er uns geschenkt hat. Manches lässt sich nur mit dem Herzen verstehen und deshalb kaum in Worte fassen. Und vielleicht sollen wir ja auch immer weiter im Gespräch bleiben – auch wenn es ab und zu ein Streitgespräch ist. Aus zwei gegensätzlichen Ansichten kann wieder Neues entstehen.
Ich habe wieder viel gelernt – in den Vorträgen, in den Gesprächen, am Länderabend, in der liberalen Moschee … – über die Kulturen der „Anderen“ und über meinen eigenen Glauben. Mehr Zeit hätten wir gut gebrauchen können. Freizeit kam diesmal arg zu kurz und wäre sicher genutzt worden, sich noch besser kennenzulernen.
*** So much diversity is unusual even for a European Bible Dialogue. 31 people between 19 and 80, from different professions (pastor, pedagogue, policeman, student…) from Germany (east and west), Latvia, Estonia, Sweden, Syria, Afghanistan and Bosnia and Herzegovina, mostly Christian but also some Muslim and one Jewish… I cannot begin to tell of the diversity in personal biographies. English was the language we used to build bridges of communication but we soon realized that we shared a more universal language: our desire to learn and a kind of loving curiosity for one another. So all puppies and kittens? Well, not quite. In our discussions on what is new in our world, in our societies – which may be irritating or even scary – we found a basis that connects us but also grounds for dispute.
So what did I learn? Among much else: Not to follow the commandments in order to make God love me, but BECAUSE God loves us and we want to love God back with all our hearts and minds and all the strength that our faith - which God gave us. Some things can only be understood with our hearts, and so it is hard to find words. And maybe we are meant to keep discussing even arguing. Two opposing views may yet lead to something new.   
There was much to learn – in lectures, discussions, the shared experiences among this group, at the liberal Mosque… - about the “other” cultures and about my own. More time would have been good, there was so little free time which, I am sure would have been used for getting to know one another even better.

7. November 2017

Good news statt Fake News

for English text, please scroll down***
Gestern ging unser Jugendworkshop "FAKE NEWS. Die Wahrheit hinter den Worten" zu Ende. 4 Tage mit SchülerInnen, Studierenden, FreiwiligendienstlerInnen und Berufstätigen aus Deutschland, Polen, Ungarn, Rumänien und der Ukraine. Trotz einiger Sprachschwierigkeiten waren die Gespräche intensiv und lebhaft.
Es geht ja auch um viel. Wer belogen wird, kann keine richtigen Entscheidungen treffen; es entstehen Vorurteile und Misstrauen. Kann man denn in so einer Welt noch vertrauen? Ja, man kann und muss, wie sonst sollte man Freundschaften aufbauen? Das heißt natürlich nicht blind vertrauen, sondern aufbauen auf dem Vertrauen in sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten.
Wir haben den Begriff Wahrheit näher betrachtet, der in manchen Sprachen mit den Wörter Treue und Gerechtigkeit sehr eng verwandt ist, der also nicht immer nur Fakten bedeutet. Fakten müssen mit der Wirklichkeit übereinstimmen und können bewiesen werden. Wahrheit hat – auch in der Bibel – viel dem eigenen Handeln zu tun: mit Authentizität. Das könnte auch helfen, Fake News zu entlarven: Was ist die Absicht dahinter? Will da jemand einfach Angst oder Hass erzeugen? Sind die Quellen authentisch? Stehen die Autoren als echte Personen hinter dem, was sie verbreiten?
Es war dann auch gar nicht so, dass wir „Alten“ in der Tagungsleitung den jungen TeilnehmerInnen am Workshop Alles beibringen mussten. Vielmehr haben sie viel voneinander erfahren oder gemeinsam erarbeitet: in Interviews auf der Straße, in Gesprächen und  beim Rollenspiel und nicht zuletzt am Europaabend, wo sie die besonderen Situationen in ihrem jeweiligen Land vorgestellt haben, mit  informativen Videos und Länderquizzen, aber auch mit Tänzen, Liedern und allerlei Mitgebrachtem.  
Ein bisschen viel gesessen haben wir wohl. Wir vom Team nehmen uns das zu Herzen und vertrauen nächstes Jahr noch mehr in die Fähigkeiten der jungen Menschen, erzählen ihnen weniger und lassen mehr Bewegung aufkommen. 
Gegen Vorurteile helfen am besten eigene Erfahrungen. Meine Erfahrungen nach diesem Workshop mit jungen Menschen aus der Ukraine, aus Polen, Rumänien, Ungarn und Deutschland stimmen mich jedenfalls optimistisch für die Zukunft Europas.
***Yesterday we ended the youth workshop on "FAKE NEWS. The Truth Behind the Words". 4 days with students at school or university and some already working in a job - from Germany, Poland, Ukraine, Hungary and Romania. It was a very diverse group in every way. Despite some language difficulties, the discussions were intense and lively. 
There is much at stake, indeed. If people are lied to, how can they come to a right decision. It may lead to prejudice and distrust. But can one still trust at all? Yes, one can and one has to, how else can we build friendships? Of course, this does not mean blind trust but a trust built on the foundation of trust in ourselves and in our abilities.
We looked at the term Truth that, in some languages, is closely related to the words Faith and Righteousness/Justice. So Truth means more than just facts that always need to withstand scientific scrutiny, but Truth also means being true, acting truthful. To me, this seems to be also helpful in the face of fake news: What are the intentions of those who spread them? Do they mean to cause fear or hate? Are there authentic sources and do the authors stand for their messages as real persons?
It was not that we “old ones” from the team needed to teach the youngsters all of this. No, they did a great job learning from each other and finding out by themselves: in interviews in the streets of Berlin, in discussions and role playing and, last not least, in our Europe Evening with informative videos presenting the respective countries, with quizzes, songs, dances and all kinds of contributions.
We may have spent too much time just sitting in our chairs. We, the team, have taken note of that and plan on trusting in our young participants’ abilities more next year. 
The best remedy against prejudice is personal experience. My experience with these young people from Germany, Poland, Romania, Hungary and Ukraine do indeed leave me with good hope for a future Europe.