*** I will post the English translation here tomorrow.
Die Reflexionen beim Anblick des Tals El Golfo auf Tenerifa stammen von Pfarrer Wache, der dort als Pfarrer arbeitet.
Auf der Insel El Hierro gibt es das sogenannte Tal „El Golfo“. Es ist eigentlich kein Tal, sondern eine halbkreisförmige Ebene: Schräg abfallend zum Meer hin und zur anderen Seite umgeben von einer mehr als 1000m hohen, fast senkrechten, steilen Abbruchkante. Einst gab es hier einen riesigen Felssturz des Urvulkans. Wahrscheinlich war ein gewaltiges Erdbeben die Ursache. Eine Hälfte des Berges rutschte einfach weg; zum großen Teil ins Meer. Ein riesiger Tsunami soll die Folge gewesen sein.
Ehrfürchtig stand ich im Juli wieder vor dieser unglaublichen Felswand in El Golfo. Ein wenig unheimlich wirkt der Berg. Unheimlich wie die Abbrüche, die es immer wieder auch im eigenen Leben gibt:
Eine schwere Krankheit wirft mich aus der Bahn.
Ein Todesfall erschüttert, was vorher stark und fest wirkte.
Eine Trennung, eine Arbeitslosigkeit, ein Unfall…
Abbrüche gibt es immer wieder im Leben.
Dann ist es, als würde auch ein Teil des Lebens wegbrechen, abrutschen. Wie durch ein Erdbeben wird die Seele erschüttert. Nichts scheint mehr, wie vorher. Und ein Unglück im Leben hat Folgen. Für die eigene Biografie, aber auch für die Menschen, die mit einem leben: Ein Tsunami, der alles mitreißt, ein Trümmerfeld – scheinbar ausweglos.
El Golfo ist heute eine fruchtbare Landschaft: Wein wächst, Bananen sowieso und vor allem Ananas, die anscheinend nur hier lohnend angebaut werden kann. Es hat gedauert, bis man den besonderen Wert dieser Landschaft unterhalb der Abbruchkante entdeckt hat. Es hat Zeit gebraucht, bis Menschen herausgefunden haben, was man hier anpflanzen kann und was nicht. Vieles ist möglich, aber nicht alles geht. Man hat einen langen Tunnel durch den Berg gebaut, damit El Golfo leichter zugänglich wird und man nicht nur gefährlich und in endlos scheinenden Serpentinen die anderen Teile der Insel erreichen kann.
Es braucht Zeit, bis der Schutthaufen nach einem Abbruch, bis das Chaos nach einem Erdbeben zu einer neuen Ordnung findet. Das gilt auch für die Erschütterungen im Leben. Vielleicht hängen wir an der Idee, dass alles wieder so werden möge, wie vor dem Abbruch, vor der Krankheit, vor dem Todesfall, vor der Trennung, vor dem, was unser Leben erschüttert hat. Aber so ist es meistens nicht.
Im bekannten Psalm 23 kann ich das nachvollziehen:
Da ist zunächst vom reichen Leben ohne Mangel, von grünen Auen und gerader Straße die Rede. Alles scheint gut.
Doch dann kommt mit einem Mal das finstere Tal, unheimliche Wände nach links und auch rechts.
Aber einer geht mit: Gott, der Herr, mein Hirte,
unsichtbar, aber dennoch ist seine Nähe spürbar.
Und diese Nähe tut gut: „Dein Stecken und Stab trösten mich.“
Es wird nicht wie vorher, aber „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.“
Ein Tisch wird gedeckt, im Angesicht von allem, was wie ein Feind des Lebens zu sein scheint. Auf dem Tisch sind vielleicht Weintrauben und Bananen und Ananas. Nicht alles geht, aber vieles ist möglich. Es gibt wieder einen Zugang, einen Tunnel durch die finstere Wand, sodass mir auch andere Menschen freundlich begegnen. El Golfo gibt es nicht nur auf El Hierro….
(Pfarrer Immo Wache, Tourismuspfarramt Teneriffa-Süd)
Danke, lieber Immo!
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