Vor Corona war jeden Donnerstagabend für mich gleichbedeutend mit Evensong im Berliner Dom um 18 Uhr. Eine schöne Tradition, die zurzeit aber einfach nicht geht. Viel Touristen sind ohnehin nicht in der stadt, die eine Andacht mit englischer Übersetzung brauchen. Unser Theologe Holger Schmidtke schreibt uns aber weiterhin zu den Bibeltexten seine oft nachdenklich machenden Gebete, und das für diesen Donnerstag will ich heute auch auf dem Blog teilen.
Der Rangstreit unter den
Jüngern (Matthäus 18,1-5)
Zu
derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wer ist nun der
Größte im Himmelreich? Und er rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter
sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie
die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst
erniedrigt und wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer
ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
Wir beten: Gott, Licht der Wahrheit, wir stellen uns selbst gern in die
erste Reihe und rühmen uns mit unseren besonderen Taten, mit denen wir vor
anderen glänzen wollen. Dabei geht es nicht um den Erfolg, den wir haben,
sondern um das, was wir sind. Wir bitten dich, rühre uns an mit deinem Geist,
dass wir umkehren und uns von diesen äußeren Dingen nicht ablenken lassen.
Hilf, dass wir unser Wesen entdecken und immer besser lernen, aus deiner
göttlichen Gegenwart heraus zu denken und zu handeln.
Gott, Licht der Wahrheit,
wir haben unsere Vorstellungen von anderen Menschen, vom Zusammenleben und von
den Regeln, die herrschen sollten. Wir sind in unserem Urteil oft hart und
drängen damit Menschen an den Rand; wir wenden uns von der Liebe ab und
beschädigen die Würde anderer. Wir bitten dich, rühre uns an mit deinem Geist,
dass wir umkehren und anderen in der Entfaltung ihres Wesens zum Wohle aller
helfen. Hilf, dass wir nicht wegsehen, wo wir gefragt sind und immer besser
lernen, aus deiner göttlichen Gegenwart heraus zu handeln.
Gott, Licht der Wahrheit,
unter den Völkern gibt es viele Ungleichheiten. Und so entsteht Neid, Hass und Krieg.
Wir schauen feindlich auf die Besonderheit anderer und vergrößern damit den
Abstand zu einander. Besonders denken wir an die, die durch ihre äußere
Erscheinung, ihrer Art zu leben und zu glauben ausgeschlossen werden. Wir
bitten dich, rühre uns an mit deinem Geist, dass wir umkehren und lernen, aus
Demut heraus Wege der Versöhnung und der Annäherung zu gehen. Hilf, dass wir
nicht schweigen, wenn der Frieden verletzt wird und Menschen in die
Hoffnungslosigkeit gedrängt werden, damit deine göttliche Gegenwart ein Gesicht
in dieser Welt bekommt.
Alles, was uns bewegt und
was uns auf dem Herzen liegt, wollen wir dir in der Stille sagen.
Und alle unsere Sorgen und
Bitten, für die wir nie die rechten Worte finden, legen wir in das Gebet, dass
Jesus uns gelehrt hat: das Vater Unser.
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel
so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die
Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Gott segne Euch!
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