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Du sollst deinen Bruder in deinem Herzen nicht hassen. Du
sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen
Schuld trägst. Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts
nachtragen und sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der HERR.
(Levitikus 19, 17-18)
In diesen zwei Versen, die wir auch in unserem Prädikant*innen-Bibeldialog
DIE STIMME ERHEBEN behandelt haben, und der gestern zu Ende war, steckt schon viel, das uns einen Weg
aufzeigen kann in dieser Zeit mit all ihren Konflikten – und ich will an dieser
Stelle nur an die Konflikte denken, die uns im Alltag begegnen.
Wir sollen einander nicht hassen aber doch ernstlich zurechtweisen. Vielleicht ist
das ein Tipp zum Umgang mit denen (auch in kirchlichen Zusammenhängen), die den
diversen Verschwörungserzählungen vertrauen wollen oder dort zumindest Orientierung
suchen. Wir können das nicht einfach ignorieren, sondern müssen unsere Stimmen
erheben, müssen deutlich sagen, wo wir unsere ethischen Grundsätze verletzt
sehen. Wo wir Diskriminierung erkennen, müssen wir den Diskriminierten zur Seite
stehen. Das kann auch bedeuten, sich mit dem Bruder oder der Schwester zu
streiten – auch darüber, wer denn unser Nächster ist. Und was, wenn unser
Nächster einfach der Mitmensch ist, und es in der Bibel keine „gestaffelte
Hilfswürdigkeit“ geben darf? Daran
müssen wir einander immer wieder erinnern. Gott schuf den Menschen – und zwar Mann
und Frau, und nicht nur den weißen Europäer – zu seinem Bilde. Es geht nicht darum,
Recht zu behalten oder gar Rache zu nehmen, sondern in Liebe und aus Fürsorge
immer wieder miteinander ins Gespräch zu kommen.
Den Nächsten zu lieben, auch wenn er oder sie „schwierig“
ist, das ist mitunter schon schwer genug, und wie viel schwerer fällt es, auch Menschen,
die wir als feindlich erleben oder wahrnehmen, immer wieder als Mitgeschöpfe
und demnach genauso von Gott gewollt wie wir, in Liebe anzunehmen (Römer 12,
17-21): „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber
jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen
Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn
Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich
will vergelten, spricht der Herr.« Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib
ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du
feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22). Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern
überwinde das Böse mit Gutem.“
Warum? Die Antwort dazu gibt ein Zitat von Martin Luther King Junior: „Die letztendliche Schwäche der Gewalt ist, dass sie eine nach unten führende Spirale ist, die genau das fruchtet, was sie versucht zu zerstören. Statt das Übel zu verringern, vervielfacht sie es. Durch Gewalt magst Du den Lügner ermorden, aber Du kannst nicht die Lüge ermorden, noch die Wahrheit etablieren. Durch Gewalt magst Du den Hassenden ermorden, aber Du kannst nicht den Hass ermorden. Tatsächlich vergrößert Gewalt nur den Hass... Gewalt mit Gewalt zu vergelten, multipliziert die Gewalt, fügt noch größere Dunkelheit einer Nacht hinzu, die schon keine Sterne mehr kennt. Dunkelheit kann nicht Dunkelheit vertreiben; nur Licht kann dies tun. Hass kann nicht den Hass vertreiben: Nur Liebe kann dies."
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