23. Dezember 2020

Weihnachten rettet uns!

 *** If you wish to read this post in English, please mail to hahn@eaberlin.de. Due to the Christmas-holidays, it may take a little longer. 😊

Der Beitrag heute stammt von Felix Doepner, der viele Jahre lang unseren Bibeldialog für Ehrenamtliche in Gemeindevorständen geleitet hat. Es ist ein Text, der nachdenklich macht. Morgen ist Heilig Abend und was bedeutet das für uns heute - in dieser seltsamen und schwierigen Zeit. Können wir denn "Oh Du fröhliche" singen, wenn wir doch wissen, wie viele Menschen gerade gar keinen Grund sehen, fröhlich zu sein? (Dass wir das sogar sollten, lesen Sie hier morgen.)

Liebe Freunde und Bekannte!
Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu – dem Weihnachtsfest zu. Wie werden wir – Ihr da und dort, wir hier – es feiern? Feiern können? Der verschärfte Lockdown macht die Spielräume immer enger. Zumindest für die übliche Art und Weise, es zu feiern. Die kirchliche übliche Art und Weise eingeschlossen. Statt in rappelvoller Kirche Christvesper mit Krippenspiel und Lieblingsweihnachtsliedern dieses Jahr Christvesper „draußen vor der Tür“ - ohne Krippenspiel und Gesang. „Draußen vor der Tür“ – das erinnert vielleicht viel mehr als alle guten Worte an „Und sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ Hauptsache ist, dass die Hauptsache nicht zu kurz kommt. Das Evangelium – Gottes Botschaft in der Gestalt der Weihnachtsgeschichte. Gott ist Mensch geworden – teilt das Leben mit uns Menschen, auch und gerade dieses von Corona bestimmte Leben. Ein ZEIT-Artikel mit dem Titel „Retten wir Weihnachten“ endet mit dem Satz „Nicht wir retten Weihnachten, Weihnachten rettet uns.“ So ist es.

2020 wird als das „Corona-Jahr“ in die Geschichte eingehen (vielleicht zusammen mit 2021 – wer weiß?). Es war ein Jahr der Absagen – gesamtgesellschaftlich und privat. Es gab und gibt keine Großereignisse; aber auch ganz persönliche Highlights konnten nicht stattfinden. Corona hat viel Schaden in vielen Bereichen angerichtet. Beziehungsweise der notwendige Kampf zur Eindämmung des Virus. Und nach der ersten Welle im Frühjahr sind wir jetzt wieder mittendrin – und heftiger als im Frühjahr. Der Schaden ist bei uns privat ja überschaubar und zu überwinden. Aber insgesamt ist es ein riesiger weltweiter Schaden. Niemand darf nur sich selbst sehen – keine Bevölkerungsgruppe nur sich, keine Berufsgruppe, kein Gewerbe usw.; übrigens auch kein Land, kein Staat nur sich. Es gibt natürlich auch Krisengewinnler - sie müssten später ordentlich zur Kasse „gebeten“ werden, um im Sinne eines Lastenausgleichs die Lasten der schwer Geschädigten mitzutragen. Nicht wir haben Corona, sondern Corona hat uns. 

Was mir von Anfang an durch den Kopf geht, ist: Wie ordnen wir Christenmenschen diese Corona-Pandemie in unseren Glauben ein? In den Glauben an den allmächtigen und barmherzigen Gott, an den – von Jesus Christus bezeugt – liebevoll den Menschen zugewandten und vergebungsbereiten himmlischen Vater aller Menschen? Hat Gott mit diesem Corona-Virus etwas zu tun? Ist es denkbar, dass Gott mit dem Corona-Virus nichts zu tun hat? Ich glaube, dass es das Virus nicht ohne Gottes Tun und Lassen gibt. Aber ich weiß natürlich nicht, was Gott mit dem Virus im Sinn haben könnte. Krankheit als Strafe für Sünde? Corona- Pandemie als Strafe für weltweite Sünde der Menschheit? Nach dem neutestamentlichen Zeugnis lehnt Jesus dieses Verständnis ab. Er, der mehr als einmal zu Buße und Umkehr ruft, heilt die zu ihm gebrachten oder gekommenen Kranken ohne vorherigen Bußruf. 

Das Alte Testament erzählt aber durchaus jede Menge Geschichten so, dass das Unheil und das Verderben, die das Volk Israel erlebt und erleidet, Gottes Strafe für Unglauben und Ungehorsam des Volkes und seiner Führung sind. Er ließ die Assyrer Israel und die Babylonier Juda mit Jerusalem erobern und den Tempel zerstören sowie große Teile des Volkes in die Verbannung wegführen. Aus der Sicht der Propheten, die dieses Unheil verbunden mit dem Ruf zur Buße anzudrohen hatten, war das die Strafe für Unglauben und Ungehorsam gegen Gott und für Unrecht gegen Mitmenschen - mit dem Ziel, dass die Menschen zur Besinnung kommen und umkehren zum Leben nach Gottes Geboten.

Können wir uns glaubend vorstellen, dass Gott Corona und die Folgen zugelassen oder gar gewollt hat? Sozusagen als notwendige Konsequenz aus dem selbstherrlichen besserwisserischen Umgang der Menschheit mit der Erde und allem, was auf ihr lebt? Wobei es vor allem der selbstherrliche Umgang der führenden, meist ursprünglich christlich geprägten Industrienationen ist. Ich frage nicht „Warum Corona?“, sondern „Wozu Corona?“. Wozu könnte, wozu soll dieses Virus mit all seinen verderblichen Folgen uns führen? Könnte es sein, dass Gott uns mit diesem gefährlichen Virus ein Zeichen geben will – könnten wir es so verstehen und annehmen? Als einen Schuss vor den Bug unserer selbstsicheren, anspruchsvollen und zerstörerischen Lebensweise? Als deutliches Stoppschild gegen den ausbeuterischen Lebensstil? Als Gottes Knüppel zwischen unsere Beine bei unseren Tänzen um das Goldene Kalb? Corona und seine Folgen - ein schmerzliches, aber heilsames und darum barmherziges Wirken des allen Menschen in Liebe zugetanen Gottes? 

Können wir uns glaubend vorstellen, dass Gott die Menschheit mit Corona und den Folgen barmherzig zu Buße und Umkehr ruft im Sinne der Botschaft und des Wirkens Jesu: „Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“?

Denn es kommt eine viel härtere Krise auf uns zu – sie ist schon da: die drohende Klimakatastrophe, von Corona momentan überlagert. Corona ist das Vorspiel nur, mit dem Gott uns und die ganze Menschheit, wenn wir denn auf die Botschaft Jesu hören, darauf vorbereiten will, dass wir nur mit kräftigen Änderungen unseres Lebensstils die Klimakatastrophe vermeiden können. Es ist nichts so böse, dass es Gott nicht zum Guten wenden könnte. Wie alles zusammenpassen könnte, sagt mir Dietrich Bonhoeffers Glaubensbekenntnis:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.  Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

In diesem Sinne wünschen wir Euch ein gesegnetes, erfülltes und frohes Weihnachtsfest.
Wir wünschen Euch, dass Ihr gesund bleibt oder – wenn nötig – gesund werdet.
Gott schenke uns allen und aller Welt ein gutes Jahr 2021.

Danke, Felix!

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