*** The English translation to this text will be posted tomorrow.
Martin Luther hatte
ein großes Anliegen (naja, er hatte natürlich mehrere, aber das ist eins der
wichtigsten), nämlich, dass die Menschen ihren Glauben begreifen, damit sie
nicht nur mit leeren Worten beten, sondern mit dem Herzen. Das Vaterunser war
immer schon mein Lieblingsgebet und ist für mich oft Einleitung zu den vielen
Bitten und Danken und Hoffen meiner stillen Gebete.
So erklärt uns Martin
Luther das Gebet, das Jesus den Menschen geschenkt hat.
Vater unser im Himmel.
Was ist das? Gott will uns damit locken, dass wir glauben sollen, er sei
unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder, damit wir getrost und mit
aller Zuversicht ihn bitten sollen wie die lieben Kinder ihren lieben Vater.
Geheiligt werde dein Name.
Was ist das? Gottes Name ist zwar an sich selbst heilig; aber wir bitten in
diesem Gebet, dass er auch bei uns heilig werde. Wie geschieht das? Wo das Wort
Gottes lauter und rein gelehrt wird und wir auch heilig, als die Kinder Gottes,
danach leben. Dazu hilf uns, lieber Vater im Himmel! Wer aber anders lehrt und
lebt, als das Wort Gottes lehrt, der entheiligt unter uns den Namen Gottes.
Davor behüte uns, himmlischer Vater!
Dein Reich komme.
Was ist das? Gottes Reich kommt auch ohne unser Gebet von selbst, aber wir
bitten in diesem Gebet, dass es auch zu uns komme. Wie geschieht das? Wenn der
himmlische Vater uns seinen Heiligen Geist gibt, dass wir seinem heiligen Wort
durch seine Gnade glauben und danach leben, hier zeitlich und dort ewiglich.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Was ist das? Gottes guter, gnädiger Wille geschieht auch ohne unser Gebet;
aber wir bitten in diesem Gebet, dass er auch bei uns geschehe. Wie geschieht
das? Wenn Gott allen bösen Rat und Willen bricht und hindert, die uns den Namen
Gottes nicht heiligen und sein Reich nicht kommen lassen wollen, wie der
Teufel, die Welt und unsres Fleisches Wille; sondern stärkt und behält uns fest
in seinem Wort und Glauben bis an unser Ende. Das ist sein gnädiger, guter
Wille.
Unser tägliches Brot
gib uns heute.
Was ist das? Gott gibt das tägliche Brot auch ohne unsere Bitte allen bösen
Menschen; aber wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir
mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot. Was heißt denn tägliches Brot? Alles,
was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof,
Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme
und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht,
Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.
Und vergib uns unsere
Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Was ist das? Wir bitten in diesem Gebet, dass der Vater im Himmel nicht
ansehen wolle unsere Sünden und um ihretwillen solche Bitten nicht versagen,
denn wir sind dessen nicht wert, was wir bitten, haben's auch nicht verdient;
sondern er wolle es uns alles aus Gnaden geben, obwohl wir täglich viel
sündigen und nichts als Strafe verdienen. So wollen wir wiederum auch herzlich
vergeben und gerne wohltun denen, die sich an uns versündigen.
Und führe uns nicht
in Versuchung.
Was ist das? Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet,
dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser
Fleisch nicht betrüge und verführe in Missglauben, Verzweiflung und andere
große Schande und Laster; und wenn wir damit angefochten würden, dass wir doch
endlich gewinnen und den Sieg behalten.
Sondern erlöse uns
von dem Bösen.
Was ist das? Wir bitten in diesem Gebet, dass uns der Vater im Himmel vom
Bösen und allem Übel an Leib und Seele, Gut und Ehre erlöse und zuletzt, wenn
unser Stündlein kommt, ein seliges Ende beschere und mit Gnaden von diesem
Jammertal zu sich nehme in den Himmel.
Denn dein ist das
Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Was heißt Amen? Dass ich soll gewiss sein, solche Bitten sind dem Vater im
Himmel angenehm und werden erhört. Denn er selbst hat uns geboten, so zu beten,
und verheißen, dass er uns erhören will. Amen,
Amen, das heißt: Ja, ja, so soll es geschehen.
Amen. Amen
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