6. September 2020

Vertrauen inmitten von Angst und Sorge?

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Drei Abende im Zoom-Raum zu Verschwörungsglauben machen es schwer, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Besorgt stimmen mich auch die vielen Menschen, die gar nicht ernsthaft an die oft sehr seltsamen Verschwörungserzählungen von Reichsbürgern oder QAnon glauben, über die sie sich oft nicht einmal informiert haben: sie haben einfach jegliches Vertrauen verloren haben, ob in die Medien, die Politik, die Wissenschaft, demokratische Strukturen allgemein. Die meisten Menschen, die Abstandsregeln oder Masken per se ablehnen und gegen alle Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen und sich nur wenig oder gar nicht daran stören, dass Rechtsextreme sie für ganz andere Ziele vereinnahmen, glauben gar nicht, dass satanistische Politiker-Clubs kleinen Kindern das Blut aussaugen. Sie glauben einfach keinerlei Autoritäten; nicht der Tagesschau und ihren Bildern, nicht den Virologen der bislang anerkannten Wissenschaftsinstitute und schon gar nicht den demokratisch gewählten Politiker*innen. Es mag sein, dass Skepsis mitunter sehr angebracht ist, dass man nicht alles einfach so glauben sollte. Hinterfragen ist angebracht, aber dazu gehört eben das; Fragen stellen, nachforschen, Quellen überprüfen. Verlorenes Vertrauen ist schwer wiederzufinden.   

Und unsere Live-Tagung zum Thema „Mitten in Angst und Sorge“, die heute Morgen ebenfalls zu Ende geht? Klar, dass die allgegenwärtige Pandemie auch hier ein dominierendes Thema war. Anders als viele, denen ein Stück Stoff vor dem Mund eine unzumutbare Beschneidung ihrer Freiheit ist, haben die behinderten Söhne und Töchter unserer Tagungsgruppe wirklich unter dem Lockdown gelitten. Wie erklärt man einem Menschen, mit geistiger Behinderung, warum ihn niemand besuchen darf, warum es weder Werkstatt noch Physiotherapie gibt, einfach keinerlei Unterbrechung eines isolierten Alltags im Zimmer? Und dennoch: eine Mutter erzählt von Ihrer Tochter Mellie, die aufgrund ihrer Behinderung vom Tragen des Mund-und-Naseschutzes befreit wäre, dass sie die Maske trotzdem aufsetzen will. Mellie hat begriffen, dass sie das für andere tut, nicht nur für ihre lieben Eltern, sondern für alle, die krank werden könnten. Dabei ist sie auch deshalb einsperrt, weil die Gemeinschaft auf eine Normalität besteht, die es zurzeit nicht gibt und die in immer weitere Ferne rückt, je mehr wir heute auf ihr bestehen.   

Frieden stiften und erfahren – so lautete der Untertitel des „Eltern-Bibeldialogs“. Bei allem Misstrauen und aller Skepsis und Frustration aufgrund von Entscheidungen, die kaum einzusehen und noch schwerer zu verkraften waren, bleibt eine Instanz des Vertrauens. Gott. Beten hilft eben doch – vielleicht nicht gegen Corona oder Klimawandel aber – gegen Angst und das Gefühl der Hilflosigkeit. Gott kann den Frieden schenken, der uns den nächsten Tag angehen lässt und den übernächsten, und den danach.

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