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Von Friedemann Knippschild, einem Teilnehmer des Bibeldialogs für Prädikant*innen bekam ich diese Predigt geschickt, die recht gut zum Auftakt des diesjährigen Bibeldialog für Ehrenamtliche in der Wortverkündigung geeignet ist. Dieses Jahr ist alles anders. Nur 6 Teilnehmende werden vor Ort in Berlin sein, mehr als doppelt soviele gesellen sich per Zoom dazu. Auch Prädikant*innen sorgen sich um notwendige Vertretungen, falls sie nach der Veranstaltung in Quarantäne müssten. Es soll uns darum gehen, auch in der jetzigen Situation, wo die unterschiedlichen Meinungen nicht immer sachlich gegeneinander vorgetragen werden, wo auch Bibelworte - oft aus dem Zusammenhang gerissen - nur das ganz eigene Anliegen stützen sollen. Der Blogtext ist ein bisschen länger als sonst, aber ich habe a auch 3 tage nicht gepostet.
PREDIGT 18. Sonntag
nach Trinitatis 11.10.2020
Kirche Oberpleis, 10:00 h
(F. Knippschild) Predigttext: (Eph..5,
15 – 20)
Liebe Gemeinde!
Vor einigen Tagen las ich folgendes Zitat: „Es ist eine böse Welt. Das Feuer des Hasses und der Gewalt lodert hoch empor,
das Unrecht ist mächtig, der Teufel bedeckt mit seinen schwarzen Fittichen eine
düstere Erde. Und in Bälde erwartet die Menschheit das Ende aller Dinge.“
Diese Aussage über unsere Welt wurde nach dem schrecklichen
1. Weltkrieg von einem holländischen Historiker über das Ende; den „Herbst des
Mittelalters“ geschrieben.
30 Jahre später, 1944, das Feuer des Hasses und der Gewalt
loderte hoch empor, über Europa, das Unrecht ist schon wieder mächtig, der
Teufel bedeckt mit seinen schwarzen Fittichen ein düsteres Europa. Die Menschen, die je unter der Brutalität dieses
Allmachtswahns der NSDAP in Konzentrationslagern und Bombennächten gelitten
haben, sagten, das ist das Ende der Welt.
Dann folgten, die Jahre des Optimismus -„das Wirtschaftswunder“
- genannt und dieses „goldene Kalb“ hieß: technischer Fortschritt: Automation,
Produktivität, Exportnation, Digitalisierung, Globalisierung.
Dennoch, die pessimistische Weltsicht ist heute, angesichts
der aktuellen Entwicklungen, über die wir ja in Funk und Fernsehen informiert
sind, wieder aktuell: Es ist eine – oder
direkter gesagt, wir leben in einer bösen Welt! Das Feuer des Hasses und der Gewalt lodert, das Unrecht aus Intoleranz,
der Wahnsinn mörderischer Macht sind wieder mächtig, und werden wieder religiös
und ethnisch begründet. Aus der Kulturgeschichte wissen wir, die traumatische Angst
vor dem drohenden Untergang der Welt ist nicht an einmalige Situationen bzw.
Lagen gebunden, sondern während unserer Menschen- Geschichte immer wieder aufgetaucht.
Wie zum Beweis steht als Überschrift des heutigen
Predigttextes der Satz:
Kauft die Zeit aus; denn es ist böse Zeit! (Eph. 5, 15 – 20)
Der Text steht am Ende des Briefes an die Gemeinde zu
Ephesus. Stellt sich heute die Frage: Warum erlebten die Christen damals vor
2000 Jahren eine „Böse“ Zeit?
Unter der Herrschaft des absoluten Weltreiches der Römer
litten die ersten Christen in den jungen Gemeinden immer wieder unter schweren
und brutalen Verfolgungen.
Wie man betroffen sein konnte schildert Paulus aus eigener
Erfahrung im
2. Korinther Brief: (Kor 11, 23 – 28)
Paulus bleibt nicht in der Klage stecken. Dieser Text jammert nicht nur über die schlimmen Zeiten
früher und immer wieder, sondern er gibt wichtige Denkanstöße für unseren Weg, unsere
eigenen Geschichte. Seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt. Unsere Sorgfaltspflicht ist angesprochen!
Bert Brecht hat ein Gedicht geschrieben, der Titel ist eine
Empfehlung:
„Morgens und abends zu lesen“
Es lautet – „Der, den
ich liebe / Hat mir gesagt / Dass er mich braucht. / Darum gebe ich auf mich
acht/ sehe auf meinen Weg und / Fürchte von jedem Regentropfen / Dass er mich
erschlagen könnte.“
Der erste Denkanstoß: Sich selbst wichtig nehmen.
So wie ich auf die Dinge achte, die mir wichtig sind:
das geerbte Tafelsilber,
die alten Schallplatten,
das neue Auto,
das Haus und der Garten,
die gepflegte Wohnung.
Manchmal sind es auch ganz alltägliche Dinge:
der Stein aus den Dolomiten, die Muschel vom Nordseestrand einzigartig,
preiswert, aber für mich unbezahlbar.
Ich „gebe auf mich acht, sehe auf meinen Weg und fürchte von
jedem Regentropfen, dass er mich erschlagen könnte.“
O d e r e b e n:„So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht
als Unweise, sondern als Weise.“
„Ich gebe auf mich acht, weil ich gebraucht werde, von dem,
den ich liebe.“-sagt Brecht.
„Ich sehe sorgfältig darauf, wie ich mein Leben führe.“
Lautet der 1. Denkanstoß durch Paulus.
Hier drängt sich gleichzeitig die Frage auf: „Weil“? - „Warum?“ Warum sollte ich mich wichtig nehmen? Warum sollte ich darauf achten, wie ich mein Leben führe?
Ja, wenn da einer wäre, der auch mir sagt, dass er mich
braucht, dass würde schon helfen.
Was so für unser Leben gilt, das soll auch für unseren
Glauben gelten, und das ist etwas, was wir immer wieder mal aus den Augen
verlieren: dass da nicht nur ein Gott ist, der sagt: „Ich liebe dich“, sondern
auch „Ich brauche dich“, und für den es sich lohnt, auf sich und seinen Glauben
aufzupassen, wie auf sein ganzes Leben.
Der zweite Denkanstoß:
Gott erinnert sich an mich und an seine Liebe zu mir.
Nach meinen Erfahrungen, auch in den“ bösen Tagen“, : das
einzige dauerhaft verlässliche und unverbrüchliche, was mir mein Leben wichtigmacht.
Mein Gott nimmt mich so wichtig, dass er mir eine Aufgabe zu meine Gaben und
Fähigkeiten gibt:„Kaufe die Zeit aus!“
Da ist ein wesentliches Merkmal eines weisen Menschen, dass
er seine Zeit nicht vergeudet, sondern nutzt, „auskauft“ wie es heißt.
Und dies für unser ganzes Leben, in allen Lebensabschnitten
für unsere Wünsche und Ziele, für ein erfülltes Leben. Es ist klug und weise, nach seinem eigenen Weg zu suchen und
ihn dann mit Mut, Zuversicht und Vertrauen zu gehen.Damit der Weg nicht in die Irre führt, braucht man eine
Richtung, ein Ziel. Gut ist es, wenn man dann unterwegs jemanden fragen kann.
„Weiß ich den Weg auch nicht .. du weißt ihn wohl“.
Deshalb hat Weisheit für Menschen des biblischen Glaubens,
etwas mit Gottesfurcht zu tun.
Schon im Psalm 111 heißt es: „ Die Furcht des Herrn ist der
Weisheit Anfang.“ Und so gilt für alle Kirchen das Bekenntnis, dass Jesus
Christus uns von Gott zur Weisheit gemacht ist. (1.Kor.1,30)
Hier finden wir Anregungen, die uns helfen unseren eigenen
Lebensweg weise zu gestalten. Vor allem die beiden Höchsten Gebote: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben, und deinen Nächsten
wie dich selbst (Mt 22,37-39). Dies zu beachten, gehört zur Lebensweisheit, eines
Christenmenschen, die sich bewährt. Deshalb erinnert Paulus zu Recht: Werdet nicht
unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist.
Der dritte Denkanstoß: Die Sorgfaltspflicht eines Christenmenschen
Dazu ist Paulus, wie das NT
in allen Briefen, klar und sehr direkt:
Sauft Euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen
folgt. Damit sind wir im Alltag angekommen. Zugleich hören wir von drei wichtigen Eckpunkten der
Sorgfaltspflicht.
1. Lasst euch vom Geist erfüllen.
2. Ermuntert einander mit Psalmen, Lobgesängen und
geistlichen Liedern.
3. Sagt Dank Gott, dem Vater allezeit für alles, im Namen
unseres Herrn Jesus Christus.
Wie wirkt sich Christsein im Alltag aus?
Deshalb fügt Paulus zunächst, ein zweites hinzu: „Lasst euch
vielmehr von Gottes Heiligem Geist erfüllen.“ Nicht der Weingeist soll ein christliches Leben prägen,
sondern der Heilige Geist!“ Was bedeutet es, sich vom Heiligen Geist erfüllen zu lassen? „Singt miteinander Psalmen, Lobgesänge und geistliche
Lieder.“ antwortet Paulus.
Es geht um das, was seit bald Dreitausendjahren in den
Psalmen vor Gott gebracht wird, unser ganzes Leben. Es gibt kein menschliches Thema, das in den 150
überlieferten Psalmen nicht vorkommt.
Ein Beispiel heute:„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin;
wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ ( Ps 139, 14)
Den Tipp von Bert Brecht gebe ich – im Blick auf die Psalmen
- gerne weiter: „Morgens und abends zu lesen“
Hören wir ein Gebet
von Augustinus:
Atme in mir, du Heiliger Geist, das ich heiliges denke!
Treibe mich, du Heiliger Geist, das ich Heiliges tue!
Locke mich, du Heiliger Geist, das ich Heiliges liebe!
Stärke mich, du Heiliger Geist, das ich das Heilige hüte!
Hüte mich, du Heiliger Geist, das ich das Heilige nicht
verliere!
So sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit
Danksagung vor Gott kundwerden.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
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