12. Oktober 2020

Unverzagt in Siebenbürgen

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Gestern mittag ging unser verkürzter Bibeldialog in Siebenbürgen zu Ende. Auch wenn wir in der Auswertungsrunde immer um Kritik und Verbesserungsvorschläge bitten, gab es auch diesmal viel Dank. Manches war durch die verkürzte Tagung etwas zu hektisch, denn wir wollten ja zumindest das meiste im Programm behalten. Auch auf die Exkursion, diesmal zu der großartigen Kirchenburg in Großau und der Evangelischen Akademie in Neppendorf, wurden allgemein sehr genossen. Masken und Abstand untereinander scheinen gegen alles menschliche Bedürfnisse zu stehen, sind aber eben notwendig und müssen eben akzeptiert werden. Immerhin: wir waren beieinander, nicht nur zweidimensional auf dem Computerbildschirm, sondern real, im Wirklichen.
Unsere Begegnung hatte ein paar Hürden zu überwinden hatte, aber wir konnten einander in die Augen sehen. Für viele in den kleinen oft ländlichen Gemeinden war es schon ein Geschenk wieder intensiv mit ganz anderen Menschen aus ganz anderen Zusammenhängen im Gespräch zu sein. In diesen Zeiten kommt ein Aspekt der Bibeldialog besonders zum Ausdruck. Gerade, jetzt, wo wir bei den zwischenmenschlichen Treffen so eingeschränkt sind, ist es oft nur noch ein kleiner Kreis, mit dem wir wirklich in Verbindung bleiben: Familie, die Nachbar*innen vielleicht, Arbeitskolleg*innen. Die Jungen meiden die Alten, um sie zu schützen. Unser Blickwinkel wird kleiner. Bibeldialoge dagegen weiten den Horizont und lassen uns die Welt und die Bibel mit den Augen der Anderen wahrnehmen. So war denn auch die Buchvorstellung von der Autorin Andreea Dumitru eine große Bereicherung.
Die Wirklichkeit in und um die Kirchenburg in Großau ist eine scheinbar ganz Andere als wir sie in unserem Alltag - vor allem jetzt - erleben. Nur die Warn-Mails, die wir alle auf unseren Handies erhielten, als wir eben in den mit Köstlichkeiten gefüllten Speckturm beintraten, ließen uns erinnern, dass wir ja in Corona-Zeiten leben.
Die Begegnung mit der Evangelischen Akademie fand weitgehend im Freien statt, so dass wir zwar laut aber doch entspannt reden konnten. Es war interessant, wie viel unsere Akademien bei allen Unterschieden an gemeinsamen Anliegen haben.
Das größte Geschenk – auch für mich – war, dass unser Leitungsteam und auch die Teilnehmerinnen alles taten, um so viel wie möglich aus der liebgewonnen Tradition zu bewahren: die liebevoll und klug gestalteten Morgenandachten von Klaus-Dieter, die ganz unterschiedlichen Abendandachten in der Michelsberger Dorfkirche mit dem zauberhaft schönen Blumenschmuck; das spät abendliche Beisammensitzen beim Wein und dem berühmten selbst destillierten Schnaps, haben uns zusammengebracht als eine Gemeinschaft von Christen. Der Austausch über all das, was sich die Gemeinden - nicht erst in Coronazeiten - einfallen lassen, um lebendig un dfröhlich zu bleiben und auch einladen nach außen in den Rest der Welt hineinzuwirken, waren anregend. Der notwendige Abstand, die lästige Maske vor Mund und Nase haben uns letztlich noch näher zueinander gebracht.
Im Mittelpunkt standen natürlich Bibelarbeit und Vortrag mit prägnanten Impulsen von Hans Klein und es gab viel Zeit für den Austausch über unsere Erlebniswelten. Pfr. Servatius (der eigentlich einen ganz anderen Bibeldialog mitleitet) kam mit ein paar Gemeindegliedern aus Mediasch dazu. Er rettete uns mit seiner fröhlichen Anleitung zum Singen das kleine aber wichtige Adjektiv „musikalisch“ im Titel, den Tomas aus Prag durft nicht anreisen. Und er füllte auch die Bibelarbeitslücke, die Siegfried hinterlassen hatte, der leider nicht reisen durfte.
Zu danken habe ich auch den vielen "fahrenden" Helfer*innen, last not least dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, die ihren Kleinbus nebst Fahrer beisteuerten, als es einfach nicht genug private Autos unter den Teilnehmer*innen gab.
Ja, wir waren weniger als sonst, und die, die aus Sorge abgesagt hatten, konnten sich in ihrer Entscheidung wohl bestätigt fühlen, als ganz Rumänien am ursprünglich geplanten Anfangstag, dem 7.10. zum Risikogebiet erklärt wurde. Für uns aus Berlin, Breslau und Frankfurt war das zu spät zum Umdisponieren oder gar Absagen, und wir sind froh, dass wir unsere bangen Gefühle überwinden mussten, denn es war ein schöner Bibeldialog (und auch die Quarantäne wert, die wir Eingereisten nun durchleben).

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