2. November 2020

Geh in den Lockdown, du und dein ganzes Haus...

 *** If you wish to read this text in English, please mail to hahn@eaberlin.de.

Heute beginnt der so genannte „Lockdown light“ (in Deutschland; in vielen Ländern ist er ja nicht unbedingt light). Viele waren auch der bisherigen Einschränkungen schon müde. „Das muss doch mal vorbei sein,“ höre ich öfters, aber vorbei sind für viele nur ihre Geduld und die Bereitschaft, aus Solidarität auf etwas zu verzichten, das ihnen mehr und mehr fehlt. Die Pandemie nimmt dagegen wieder richtig Fahrt auf.  Ich weiß auch nicht, ob alle Maßnahmen jetzt so sinnvoll sind, aber ich weiß auch nicht, welche es nicht sind. Eigentlich würde ich auch lieber darüber lachen, wie übervorsichtig wir im Sommer gewesen sind, wo doch vielleicht auch 1 Meter Abstand genügt hätte… und was haben wir alles an Seife und Desinfektionsmitteln verbraucht… statt nun betrübt auf einen stillen November vor uns zu schauen.
Es regnet und ich muss an Noah denken (keine Sorge, so stark regnet es nun auch wieder nicht). Eingesperrt in seiner Arche mit all den Tieren und seiner Familie. Trotz der in der Bibel exakt angegebenen Maße der Arche kann man wohl von beengten Wohnverhältnissen ausgehen. Ja, ich weiß, dass vieles davon symbolisch gemeint ist. Und als Metapher will ich es auch betrachten.
Haben wir diesen Sommer den Raben losgeschickt in der Hoffnung, dass es schon wieder sicheres Land gibt, müssen wir nun geduldig warten, bis die Taube uns das Zweiglein (den ersehnten Impfstoff?) bringt. Wenn ich das hier im Blog schreibe, lese ich besser noch mal in der Bibel nach: Der Ölzweig im Schnabel der Taube bringt zwar Hoffnung, dass die Wasser sich allmählich verziehen, es wird aber noch Monate dauern, bis Noahs Familie und all die Tiere wieder sicher an Land gehen können.

In 1. Mose 7,11 heißt es, die Flut beginnt am siebten Tag des zweiten Monats. Die symbolische Zahlen - vierzig Tage und Nächte, nach sieben Tagen - werden zwar immer wieder genannt, aber der Text ist erstaunlich präzise, was die Dauer der Katastrophe angeht: erst am ersten Tag des zehnten Monats kann man immerhin wieder Bergspitzen sehen kann. (1. Mose 8,6) und erst am 27. Tag des zweiten Monats (1. Mose 8,14 - also mehr als ein Jahr nach Beginn der Sintflut) ist die Erde wieder trocken.

Noah konnte nicht anders, als auf der Arche zu bleiben, als die ersten Bergspitzen sichtbar wurden.
Und wir? Wer nicht im Krankenhaus arbeitet, sieht kaum etwas von Corona, außer Zahlen zu Neuinfektionen, zu Erkrankten, zu Toten….  Sind wir denn nicht da, wo unsere Pandemie-Arche auf dem Berg Ararat aufgesetzt hat? Ist es denn nicht ok, wenigstens schon mal schwimmen zu gehen? 

Aber die gefährlichen Wasser, die Noahs ganze Welt bedecken, sind nicht einfach H2O oder Regen. Es sind die Wasser des Chaos, des Unerforschten, das nicht erkennen lässt, was noch in der Tiefe lauert, so wie wir nach und nach erst begreifen, welche Spätschäden auch die erleiden, die mit Covid19 nur leichte Symptome erlitten haben. Noah geht lieber noch nicht von Bord, als der Ölzweig im Schnabel der Taube Hoffnung verkündet. Ein Impfstoff naht immerhin, aber es wird dauern, bis genügend Menschen geimpft sind. Vielleicht dauert es ein Jahr? 

Aber der Ölzweig der Hoffnung ist schon mal sichtbar. Geduld ist noch immer angesagt, und Rücksicht und, ja, auch Masken und Abstand.

Bleiben Sie behütet
Ihre/Eure Tamara

2 Kommentare:

  1. Es war sicher eng in der Arche mit all den Tieren, den Geräuschen und Gerüchen. Der Midrasch erzählt, dass die menschlichen Bewohner der Arche die ganze Zeit nicht schlafen konnten. Vierzig - diese Zahl kommt ja oft in der Bibel vor - ist die Zahl im rabbinischen Verständnis, die die Zeit vom Samen bis zur Ausreifung, bis etwas "geburtsreif" ist - anzeigt. Ich wünsche uns allen die nötige Geduld des Aus- und Durchhaltens.

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  2. Liebe*r N. Aunyn, danke für den Kommentar! Ich war ganz überrascht, wie exakt der Bibeltext die Zeit vom ersten regen bis zum Zeitpunkt, da Noah und die anderen von der Arche gehen könnten. Es war über ein Jahr und natürlich kommt dazu die Bedeutung der Zahl 40 hinzu. Es braucht geduld, und wie wir heute hatte Noah keine Ahnung, wie lange sie alle auf der Arche bleiben müssten, nur sein Vertrauen, dass Gott ihn und alle auf der Arche bewahren würde. Herzlichen Gruß. Tamara

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