9. Dezember 2020

Advent allein mit Kerze in Edinburgh

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Gestern habe ich Bernadettes Gedanken zum Zauber der Adventszeit gepostet und heute folgen ihre ganz aktuellen Eindrücke aus Ihrem Forschungsjahr im Schottischen Edinburgh.

Hier in Edinburgh bekomme ich durch Covid 19 von den Angeboten der verschiedenen Kirchengemeinden kaum etwas mit. Es gilt die Regel, öffentliche Gebäude möglichst geschlossen zu halten und alles per Video zu ersetzen. Gottesdienstbesuch erfolgt nur nach vorheriger Anmeldung.

So kann ich nur aus der kath. Gemeinde St. Mary Cathedral berichten.

Dies ist eine sehr große lebendige Gemeinde. Die Kirche liegt zentral, zwischen Bahnhof, Kaufhaus, Hotel, Bushaltestellen und einer stark befahrenen Kreuzung. Auf ihren Treppen sitzen meist Bettler. Es werden sonntags mehrere Messen in Englisch und Polnisch angeboten. Mind. acht Stück. Wenn ich mich erst am Mittwoch für den nächsten Sonntag anmelden will, hab ich kaum noch Auswahl, fast alle Plätze aller Messen sind dann bereits „ausverkauft“. Die meisten Gottesdienste sind ohne jeden Schmuck, ohne Musik, mit kurzen Predigten, zu knapp, um überhaupt in ein Andachtsgefühl hineinzukommen. Alles mit Maske natürlich. Man müsste sich wohl eine halbe Stunde früher hineinsetzen, damit die Gottesdienstruhe einen bereits erfüllen kann, wenn es los geht. Für meinen Begriff also „verfehlt“.

Es werden Rorate-Messen an den Dienstagen gehalten werden im Advent, abends. Darauf freue ich mich sehr.  Man feiert sie mit Kerzen in der dunklen Kirche. Üblich sind sie eigentlich morgens vor der Arbeit. In meiner Heimatgemeinde gab es danach ein Fastenfrühstück aus trocken Brot und Tee. Man fühlte sich genau wie die Helden in den Weihnachtsgeschichten, wenn man es geschafft hatte, um halb sechs morgens in der Kirche zu sein, gefroren und schlafend um seine eigenen Hände herumzuhocken… richtig bewegen konnte man sich erst, wenn man wieder ging. Wirklich wie eine Zusammenkunft von Glaubenden im Schlaf.

Für mich besteht die Gestaltung des Advents dieses Jahr daher in der Aufgabe, zu spüren, was ich wünsche und dies allein zu gestalten. 

Sicherlich werde ich mich mit einer Kerze allein in die Kirche zum Beten setzen. Alle paar Tage. Zum Ruhig-Werden. Ich werde mir Themen suchen, über die ich nachsinnen möchte. Es hilft, einen anderen Raum aufzusuchen, wenn man allein ist. Ich werde in die Kirche gehen. Sie wird im Advent beinahe den ganzen Tag offengehalten werden. Dieser Einladung folge ich gern. Ein erstes Thema wird sein: Wie gehe ich mit den Bettlern Edinburghs um? Es gibt so viele hier. So viele.

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