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Gestern beim Bibeldialog
VERGEBEN(,) NICHT VERGESSEN war noch einmal dem Gedenken gewidmet und der
Frage, was die vielen Gedenkstätten eigentlich bezwecken? Die Shoah ist lange
her und auch wenn diese menschengemachte Katastrophe immer noch in die Gegenwart
hineinwirkt, fehlt nicht nur den jungen Menschen immer mehr der Zugang. Sie
fühlen sich nicht zuständig. Die Kriege um den Zerfall des ehemaligen
Jugoslawiens mit ihren Gräueltaten sind noch nicht so
lange her. Die Bilder sind uns Älteren sicher noch in Erinnerung: So viele wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Und doch gibt es heute Versöhnungsprojekte zwischen Serben und Muslimen in
Bosnien und Herzegowina. Eine Teilnehmerin brachte den Gedanken ein, dass man
sich genau ansehen muss, wie Menschen zu Tätern werden, eben dass aus Opfern
Täter werden können. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.
Unsere Bibelarbeit zu Kain und Abel lässt diese Frage nicht aus. Kain wird zum Mörder seines Bruders, weil er sich nicht anerkannt, nicht angenommen fühlt. Diese Aggression, als Reaktion auf das Gefühl, abgelehnt oder missachtet zu werden, steckt in uns Menschen drin. Wir müssen damit umgehen. Das ist oft schwer, aber Kain erhält eine zweite Chance und er ist es letztlich, der die menschliche Zivilisation - Städte, Handwerk und Kultur - begründet. Wir sind also die Nachfolger*innen Kains, der mit seiner Schuld weiterleben muss – und darf.
Heute wird es mit dem Gespräch mit Marianne Birthler als der ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen auch um Täter und Opfer gehen, um erlebtes oder getanes Unrecht.
Als die bosnischen Muslime in ihre Heimat zurückkehrten, blieb den Menschen nichts anderes übrig als miteinander klarzukommen. Die zersetzende und oft zerstörerische Arbeit der Stasi und ihrer IM geschah im Verborgenen (auch wenn es jeder wusste) und auch wenn man tatsächlich im selben Land lebt, in derselben Stadt, manchmal Tür an Tür: Wie steht es da mit der Versöhnung? Mit dem Gespräch von Angesicht zu Angesicht?
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