14. April 2021

Sehen und Erkennen am See Genezareth

 *** If you wish to read Rolf's sermon in English, please mail to hahn@eaberlin.de.

Rolf ist als Prädikant regelmäßiger Teilnehmer an den Europäischen Bibeldialogen und hat uns seine Predigt vom vergangenen Sonntag Quasimodogeniti für den Blog gemailt. Überschrift: Wer Jesus kennt, lernt jetzt Christus kennen! Gestern habe ich den ersten Teil der Predigt gepostet, (also einfach runter scrollen) heute folgt nun der zweite. Den Bibeltext zur Predigt finden Sie hier oder in Ihrer Bibel unter Joh 21, 1-14

Zweiter Teil: ... Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch. Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war. (Joh. 21, 14)  Soweit die Schilderung einer Begebenheit; sie sagt eigentlich alles. Ein Postludium sagt der Musiker, ein Nachspiel in diesem Evangelium – kein Anhängsel, wie manche sagen, sondern wohl dosierter Schluss-Akkord, der noch mal ausholt, um endgültig Botschaft zu werden. Eben starke frohe Botschaft, also wahrhaftes Evangelium. 

Der Ort des Geschehens ist uns noch im Ohr oder im Kopf: es ist im Norden des Sees Genezareth, Ja, es ist der Name von dieser Kirche Genezareth, also ein lieblicher Ort, ein heimatlicher Ort. Tabgha. Vor 40 Jahren saß ich mit einer Reisegruppe dort und die Erinnerung kam wieder, als ich 1989 auf dem Berliner Kirchentag eine Tasse mit dem Namen dieses Ortes und der Abbildung eines Mosaik kaufte, und das war ein prophetischer Kauf, denn zwei Jahre darauf in der Osternacht saßen wir am See, gemeinsam mit Benediktiner-Mönchen am Oster-Feuer, diesmal mit Brot, Fisch und Wein, wie sie auf dem byzantinischen Mosaik auf meiner Tasse dargestellt. Es war eine Atmosphäre, die auch ohne den vorhergehenden Gottesdienst unter die Haut gegangen wäre. Doch wir hatten ja beides: Oster-Mitternachts-Gottesdienst und Gemeinschaftsmahl an dem Ort, an dem sich Jesus als Christus in Galiläa zeigte. Und ist es nicht wirklich so: Erst dann können wir Jesus als Christus erkennen. Erkennen; denn das Sehen nur ist die halbe Handlung. Eine Vision ist ein Akt des Sehens. Aber Erkennen ist ein Schöpfungsakt und als Wortsinnim Hebräischen mit dem Zeugungsakt des Menschen  verwandt. Das heißt für uns: Eine Christus-Vision ist schön und gut. Aber der nächste Schritt wäre etwas Intimeres: das Erkennen; Christus erkennen und ihn in uns lassen, ihn wirken lassen, damit wir neues Leben gewinnen. Nur wenn das neue Leben in uns gelingt, werden wir frei aufspielen können. Nur wenn dieses neue Lied vom Evangelium als Nachspiel in uns weiterklingt, werden wir in der Jesus-Nachfolge bestehen und zum Leben des Christus hindurch dringen.

Das sind alles Umschreibungen und hilfloses Gestammel von einer Situation, der ich mich nur künstlerisch annähern kann. Bei der nüchternen Betrachtung versagt die Formel der Mathematiker, auch versagt hier mein normales physikalisches Denken; mit der viel gepriesenen Wissenschaft bin ich hier am Ende. Aber anlässlich der Situation bei uns hier und heute mit dem Corona-Virus habe ich oft den Gedanken, dass wir schneller an unsere biologischen Grenzen geraten sind, als wir es dachten, und auch noch nach über einem Jahr Forschung. Und immer noch sind wir in der Krise. Aber ich hoffe, wir sind auf dem Weg und schon über den Gipfel hinweg. Und dann schau ich nochmal auf das Geschehen im Text und an den See Genezareth: Ach käme doch jemand zu uns, der ein Feuer zum Wärmen macht und uns zum Frühstück, dem Frühstück der Ewigkeit einlädt, denn uns reicht so ein Frühstück zur Öffnung der Zukunft.

Der Name  des vergangenen Sonntags sagt es für uns aus: Quasimodogeniti - wie die Neugeborenen und diese haben Zukunft.
Amen

Danke, lieber Rolf Gündel

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