*** If you would like to read this text in English, please mail to hahn@eaberlin.de.
In vielen
Ländern meinen Menschen, sich gegen die Corona-bedingten Einschränkungen wehren
zu müssen. In manchen Ländern werden diese Einschränkungen aufgehoben, obwohl nach wir vor menschen sterben, sich neu infizieren, krank werden. Manche Politiker*innen geben zu, dass sie nicht genug wissen,
und lieber auf der sicheren Seite irren wollen.
Sich gegen die Einschränkungen
bürgerlicher Freiheiten zu wehren, ist doch gut und richtig, oder? Den Kirchen in einer
solchen Situation die Pforten zu verriegeln, scheint im Rückblick eher nachvollziehbar, wo einige
Gemeinden als Hotspots neuer Infektionen erkannt werden. Was aber ist
angemessen? In Berlin gehen die Infektionszahlen wieder nach oben und ein paar
Häuserblöcke stehen komplett unter Quarantäne. Gleichzeitig werden Kontaktbeschränkungen aufgehoben. Was ist angemessen? Was ist gut und richtig? Wir
suchen nach Orientierung, nach einigermaßen verlässlichen Antworten...
Prof. em.
Hans Klein aus Hermannstadt/Sibiu ist einer der Theologen im Leitungsteam der
Michelsberger Begegnungstagung und außerdem sowohl Dichter als auch kluger
Beobachter unserer Zeit und seines Landes. Als Neujahrsgruß gedacht, aber auch
in unserer Situation heute ein Wegweiser, wenn auch keine leichte Antwort auf alle Fragen, stelle ich heute ein Gedicht ein, das
er zur Jahreslosung 2020 geschrieben hat.
„Ich glaube,
hilf meinem Unglauben“
Die
Zwillinge
Glauben und
Zweifel
streiten
unablässig
wie Leben
und Tod.
Der Glaube
vertraut
der Liebe,
dem Wort.
Der Zweifel
bedenkt
Erfahrungen
und Gegebenheiten.
Beide finden
Raum
in unserer
Seele.
Doch der
Glaube ist stärker
als der
Zweifel.
Der Zweifel
mahnt zur Vorsicht,
der Glaube
macht Flügel.
Mit diesen beiden
Worten im Kopf und im Herzen, können wir versuchen, in jeder Situation, aus
jeder Krise heraus unseren Weg zu finden. Den Zweifel brauchen wir, um nicht jedem Demagogen auf den verführerischen Leim zu gehen, und unseren Glauben, um unseren Weg allen Zweifeln zum Trotz mit Liebe zu gehen. Unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst ist vielleicht die eindeutigste Begründung für Mund-Nasen-Bedeckung und Abstand.
Kleine Bemerkung
AntwortenLöschenAlso, ich denke, die 'Erfahrung' darf manchmal stumpf sein. m.E. nur Geduld darf nach vorne blicken, Perspektive erschilesen. (Röm 5,3-5) Die Erfahrungen der Apostel in Evangelien oder Apostelgeschichten waren ja nicht subjektiv erfahrbare weltfremde Ideen und Mottos, sondern Begegnung mit Christus und Hören auf ihn.
Die Praxis Apostolorum ist nicht um 60 n. Chr. beendet worden, Gott schreibt die nächste Kapitelgeschichte mit uns. Nur ob wir das Geistesfrucht(!), Geduld, nicht für leer halten.
Lieber Unknown, Danke für den Kommentar. Es ist ja im Moment oft genau die Ungeduld, die klare Ansagen will und möglichst einfach Grünes Licht für das alte, gewohnte Leben. Die Glaubensgewissheit der Apostel, dass Christus noch zu ihren Lebzeiten wiederkehren wird, ist eine andere als unsere heute, ob im Glauben an das Reich Gottes oder in der Hoffnung auf eine Zeit nach der Pandemie. Geduld fällt leichter, wenn man weiß, dass etwas in absehbarer Zeit geschieht. Also Geduld gepaart mit konkreter Hoffnung. Es grüßt aus Berlin - Tamara Hahn
AntwortenLöschen