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Elke, Prädikantin aus Lemgo, hat mir wieder eine Predigt
geschickt, diesmal zum zweiten Korintherbrief. Da wir ja im September gerade
einen Bibeldialog zu den Paulusbriefen hatten, passt dss ganz gut.
…bekommen sie gerne einen Brief? Spannend, vielversprechend
und zunächst nicht lesbar, was steht wohl drin? Der Absender verrät schon
einiges. Behördenbrief – na ja…, Rechnung, bereits erwartet…, Brief des
Arbeitgebers, oh, oh …der Brief von Freunden dagegen lässt mein Herz freudig
schlagen. Was ist Inhalt? Liebevolle Anrede, interessante Erzählungen,
herzliche Grüße, so etwas erfreut mein Herz.
In jeder Gemeinschaft, in jeder Gemeinde sind Krisen und
Konflikte, so auch in der multireligiösen Hafen- und Geschäftsstadt Korinth mit
der jungen christlichen Gemeinde. Erstaunlich, auch wie immer, die besondere
Antwort des Apostel Paulus. Er wischt den Konflikt beiseite und ermuntert die
Hörer mit der überraschenden Zusage: Ihr seid ein Empfehlungsschreiben Christi. Und bekräftigend setzt er hinzu: Das ist doch
offensichtlich.
Laut Wikipedia ist ein Empfehlungsschreiben
(Referenzschreiben, Beurteilungsschreiben) ein Schriftstück mit einer positiv
wertenden Empfehlung zugunsten einer Person. So haben sich z. B. Lehrlinge/Azubis früher
damit beim Lehrherrn/Chef beworben. Teilweise werden bzw. wurden solche
Empfehlungsschreibungen für Bewerbungen im religiösen Umfeld verlangt. Diese
werden dann von früheren Arbeitgebern oder Personen aus dem persönlichen Umfeld
(etwa religiöse Amtsträger, Lehrer, Mitglieder derselben Glaubensgruppe)
abgefasst und sagen selbstverständlich etwas über die zu beurteilen Person und
deren Fähigkeiten aus. Damit vergleicht
also Paulus seine Gemeindeglieder. Lassen wir das auch für und gelten?
Paulus beginnt mit “Ihr seid”, nicht “Ihr sollt sein” oder
“Ihr werdet sein” - nein, “Ihr seid”; und das meint hier wohl gerade keine
Festschreibung eigener Leistungskraft und eigenen Vermögens. “Ihr seid”, liebe
Gemeinde, ohne mein Zutun ist uns etwas geschenkt, sind wir wer. In der Taufe
hat Gott versprochen: Du bist mein geliebtes Kind. Jesus Christus hat dich
erlöst. Der Heilige Geist befreit dich zum Leben. Diese immerwährende
Gültigkeit und vergewissernde Zusage, kennen wir auch “allgemeines Priestertum
der Getauften”. Bildhaft drückt es der Apostel aus: “Ihr seid ein lesbarer
Brief Christi, (Luther) ein lebendiges Empfehlungsschreiben, ein Zeugnis des
Schreibers, der sich in eure Herzen eingeschrieben hat und Kraftzentrum wie
Schrittmacher ist: Jesus Christus
selbst, in dir und in jeder Gemeinde existierend“, wie Dietrich. Bonhoeffer das
ausdrückt.
Große Worte, große Liebe, großes Zutrauen liebe Geschwister.
Gemeinsames ist gefragt, wir sind angesprochen. Bestimmt aber auch große Gabe,
große Aufgabe und im Gegensatz zum empfangenen Brief keine Leseeinladung
sondern unsere Lebensaufgabe?
Ohne Vertrauen klappt fast nichts, wie wir sowohl aus
unseren zwischenmenschlichen Beziehungen, als auch aus den politischen und
wirtschaftlichen Institutionen und Prozessen wissen. Gottes Vertrauen in uns,
seine geliebten Menschen, ist und bleibt ewig. Er hat auch in dir und mir enorm
viel Gutes geschaffen. Mein Glaube an Jesus, den Christus, und die Zuversicht
auf unseren Heiland, glaub- und vertrauenswürdig gelebt, ist laut Paulus,
lesbar wie ein Brief, wie ein öffentliches Schreiben. So werden alle Christen
demnach gelesen, auch von anderen, auch von Angehörigen anderer Religionen,
auch von “frommen” Geschwistern, ja selbst oder gerade von überzeugten
Atheisten, zuweilen auch ich von mir selbst.
Spätestens hier ist klar, dass ein solcher Brief eben nicht
mit Tinte und sogar möglicherweise widerrufbar geschrieben ist. Nein hier ist
Christus mit seiner Hingabe, mit seinem Kreuzestod überwältigend spürbar. Hier
erlebe ich Befreiung und Auftrag zum gelingenden Leben. Gottgewollt,
Christusverdankt und heilig unterstützt. Täglich darf ich das ein- und
ausatmen, nicht selten mit Tränen der Freude, der Ehrfrucht, des Dankes.
Gelegentlich auch mit ungläubigem Staunen und klopfenden Herzen - denn der
Inhalt dieses Empfehlungsschreibens ist eingebrannt in mein Herz, steht nicht
auf Steintafeln oder in Briefen anderer. Aus der Medizin wissen wir, wenn das
Herz nicht einwandfrei funktioniert, wirkt sich das ungut auf den Körper aus.
Dann geh ich zum Arzt und bestenfalls wird geholfen, oder ich lebe mit
Medikamenten und Einschränkungen weiter, manchmal endet Leben nach unserem
Gefühl dann zu früh.
Morgen geht es hier weiter mit dem zweiten Teil der Predigt.
Euch/Ihnen allen einen guten Start in die Woche!